Autismus verstehen – unsere 5-teilige Reihe! Teil 5
Autismus verstehen – unsere 5-teilige Reihe! Teil 5
Interview-Fragen zum Welt-Autismus-Monat an die Schulassistenz von Eric
Stell dich gerne kurz vor! Wer bist du? Welche Ausbildung oder Erfahrung hast du, die dich auf diese Aufgabe vorbereitet hat?
Leentje Buchholz, 33, Heilerziehungspflegerin seit 2014.
Ich habe mit vielen verschiedenen Menschen gearbeitet, unter anderem auch mit Menschen mit ASS (Autismus-Spektrum-Störung).
Da mein Vater Heilerzieher ist, hatte ich schon immer Berührungspunkte mit Menschen mit Beeinträchtigungen.
Was motiviert dich besonders an deiner Arbeit als Schulassistenz?
Die intensive Arbeit mit einem Menschen.
Außerdem repräsentiert man auch mit dieser Arbeit, dass auch Menschen mit ASS in ganz normalen Schulen beschult werden können.
Ich ermögliche auch so einem jungen Menschen, sich in das Schulleben zu inkludieren.
Wie sieht ein typischer Schultag für dich und Eric aus?
Wir treffen uns morgens in der Schule und gehen in seinen Differenzierungsraum, dort schauen wir, welchen Unterricht wir haben und ob eventuell Vertretungsstunden geplant sind. Dann gehen wir in den Unterricht. In den Pausen wird gefrühstückt, er holt sich dann im Schulkiosk was zu essen, währenddessen ich schon oben anfange zu essen. Nach dem Unterrichtsschluss reflektieren wir kurz, was gut gelaufen ist und dann verabschieden wir uns an der Stelle, an dem wir uns morgens getroffen haben.
Welche Aufgaben übernimmst du konkret im Unterricht und in den Pausen?
Ich erinnere ihn daran, sich am Unterricht zu beteiligen, dass er mit gestellten Aufgaben beginnt. Auch gebe ich ihm den Anstoß, sich bei seiner Lehrkraft Hilfe zu suchen, wenn er mal nicht weiter weiß. In schwierigen Situationen begleite ich ihn und tue dann mein Möglichstes, ihn aus einer Krisensituation zu begleiten.
Die Pausen werden von mir leicht strukturiert, indem ich ihn an das ein oder andere erinnere.
Ich begleite Gruppenarbeiten mit Mitschülern.
In welchen Situationen braucht Eric besonders viel Unterstützung? Gerade wenn der Tag lang ist und eine Klassenarbeit ansteht, benötigt er Unterstützung.
Auch ist Unruhe und Lautstärke im Klassenraum besonders anstrengend, hier erinnere ich ihn dann immer mal wieder daran, dass er den Klassenraum verlassen und sich in den Differenzierungsraum zurückziehen darf. Hier begleite ich ihn dann auch selbstverständlich.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften? Gibt es regelmäßigen Austausch?
Ich habe sehr viel Glück mit den Lehrkräften. Ich wurde sehr freundlich empfangen und ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit geschätzt wird und ja es gibt regelmäßigen Austausch.
Wie reagieren die MitschülerInnen auf deine Unterstützung? Gibt es Akzeptanz oder Herausforderungen?
Ich denke die Mitschüler schätzen ebenfalls, dass ich da bin. Das Verhalten von ihm kann durchaus mal befremdlich sein. Es ist natürlich gut, wenn dann da jemand ist, der mit verschiedenen Situationen umgehen kann.
Welche Methoden oder Hilfsmittel haben sich als besonders hilfreich erwiesen? (z. B. visuelle Pläne, strukturierte Anweisungen, Pausenregelungen)
Meine Arbeit wird von Unterstützender Kommunikation und dem TEACCH Konzept beeinflusst.
Ich möchte mich weiter fortbilden in diesem Thema und werde dementsprechend auch an Fortbildungen zum Thema ASS teilnehmen, die unter anderem auch hier bei der Lebenshilfe angeboten werden.
Außerdem interessiere ich mich auch privat für das Thema ASS.
Wir haben eine großen Stundenplan im Differenzierungsraum hängen, neben dem auch die Unterrichts- und Pausenzeiten stehen.
Gibt es bestimmte Situationen, die für ihn besonders schwierig sind, z. B. Gruppenarbeiten oder spontane Planänderungen?
Wie bei jedem Menschen gibt es Menschen mit denen man gut arbeiten kann und welche mit denen man eben nicht so gut zusammenarbeiten kann. Im zweiten Fall begleite ich die Gruppenarbeit intensiver.
Spontane Änderungen sind eine Hürde, da die Sicherheit die Bekannten fehlt und das Unbekannte dann stark verunsichert. Was kommt da jetzt auf mich zu und wie soll ich mich verhalten, dann fragen die sich stellen. In dem Fall ist es meine Aufgabe, ihm Sicherheit zu geben.
Gibt es etwas, das du dir von der Schule, den Lehrkräften oder den Eltern wünschen würdest, um deine Arbeit zu erleichtern?
Nein.
Wie hilfst du dem Schüler, mit Reizüberflutung oder Stress umzugehen?
In dem ich ihn versuche, ihn aus der Situation zu holen, in dem ich mit ihm sprechen oder auch anbiete, den Unterricht zu verlassen und eine Pause zu machen.
Gibt es Vorurteile oder Missverständnisse über Autismus, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert wirst?
Bis jetzt nicht nein. Nicht dort, wo ich arbeite. Eher im privaten Bereich.
Was sind die größten Herausforderungen in deiner Arbeit als Schulassistenz?
Der Beziehungsaufbau, nicht nur zum Schüler, sondern auch zu den Lehrern, Eltern und der Klasse.
Was sind die schönsten Momente oder Erfolge, die du mit Eric erlebt hast?
Mein größter Erfolg ist es, dass er mich als seine Assistentin annimmt und wir schon das ein oder andere zusammen geschafft haben.
Gibt es Bücher, Weiterbildungen oder Ressourcen, die dir geholfen haben?
TEACCH UK und schau dir ruhig mal auf Social Media Influencer mit ASS an. Es gibt einen interessanten Einblick in dieses Thema.
Welche Tipps hast du für andere Schulassistenzen, die mit autistischen Kindern/ Jugendlichen arbeiten?
Auch wenn es Parteien gibt die du nicht ausstehen kannst, bleib freundlich. Fokussiere dich auf deinen Aufgabenbereich und hol das Beste für den Schüler, den du begleitest, heraus. Es ist ein großartiges Gefühl, wenn man jeden noch so kleinen Fortschritt sieht und Erfolge mit dem Schüler feiern kann.
Danke Leentje, für deinen authentischen Einblick in deinen Alltag!